Körperbewusstsein – Dynamisches Gehen

Um mich mit mir selbst zu beschäftigen, blättere ich gerne in den Büchern und bleibe bei einer Seite stehen. Diese lese ich und beschäftige mich damit. Dieses Mal wählte ich das Buch „Funktionelle Anatomie“. Und kam auf die Seite des Ganges.

Es wurde erklärt, wie die physikalischen Gesetzte des Ganges funktionieren und wie wir sie nützen können, bzw. Fehler, die beim Gehen gemacht werden. Ein weiteres Gespräch diese Woche mit meinen schon sehr alten und sehr erfahrenen Bergsteiger Nachbarn brachte mich wieder zu diesem Thema.

Gestern Abend beim Spaziergang mit meiner Hündin begann ich mich zu beobachten, bzw. fiel mir plötzlich auf, dass bei ihrem Gang die Wellenbewegung durch den ganzen Körper geht und bei mir diese Dynamik gar nicht da war.

Beobachten von mir selbst

Der erste Teil des Weges steigt leicht an und ich kam sofort aus der Puste, es war mega anstrengend durch die Hitze, meine Fußsohlen begannen zu brennen und ich dachte mir: „Boa den Scheiß gebe ich mir bei der Hitze nicht. Ich drehe um!“. Nein ich drehte nicht um, denn der innere Schweinehund muss manchmal zu seinem Glück gezwungen werden.

Mir fiel auf, dass mein Oberkörper eher nach vorne gerichtet war, sprich nicht in der Zentralachse war. Beim Aufrichten veränderte sich sofort der Druck auf die Fußsohle. Dann begann ich mit der Hüfte zu pendeln, besser gesagte ich wollte es, aber meine sensorische Amnesie war zu stark. Meine Verbindung zwischen Hirn und jenen Muskel, die bei dieser Dynamik gebraucht werden, war eingeschlafen und musste erst geweckt werden. Es brauchte meine ganze Konzentration diese Bewegung in einen gewissen Automatismus zu bringen.

Irgendwann hatte ich es und meine Leisten begannen augenblicklich zu ziehen, als ob alles zu kurz wäre. Ich blieb dabei und schon nach wenigen Metern merkte ich welche Kraft hier freigesetzt wird. Meine Atmung wurde ganz ruhig, es war überhaupt nicht mehr anstrengend und die Geschwindigkeit meiner Beine hat sich verdoppelt.

Mit jedem Schritt wurde die Beckenbewegung flüssiger und die wellenförmige Bewegung begann sich auszubreiten. In der Brustwirbelsäule blieb sie dann wieder stecken und ich beobachte mich erneut welcher Teil von meinem Körper nicht ausgerichtet war. Mein Kopf war leicht nach hinten verschoben und der rechte Arm steifer als der linke. Ich korrigierte auch dies und nun ging die Bewegung wirklich von der Mitte in die Peripherie.

Körperhaltung ausrichten

Ich schaffte durch diese Dynamik den Weg in weniger als der Hälfte der angegebenen Zeit (1,15 Std. steht auf der Tafel und ich war in 30 min. oben). Mein Erstaunen darüber war sehr groß, als ich auf die Uhr blickte.

Runter gehen ist für mich immer etwas schwieriger als rauf. Meine Knie schmerzen schnell und ich muss mich viel mehr konzentrieren, um nicht zu stolpern. Ich begann wieder mich zu beobachten. Zuerst wie ist meine automatisierte Körperhaltung, wie stehe ich auf meinen Füßen und wo ist mein Blick. Dieses Mal war mein Oberkörper eher nach hinten geneigt und dadurch wieder eine falsche Gewichtsverteilung auf meinen Füßen – „So kann man nur auf der Schnauze landen.“ dachte ich mir.

Nach Veränderung der Haltung konnte ich wieder in dieselbe Dynamik kommen wie beim Bergaufgehen und ich war über die Sicherheit des Trittes und meines Gefühls ehrlich verwundert.

Nach und nach merkte ich auch welche tiefliegenden Muskeln beim Gehen eigentlich verwendet werden sollten. Im Beckenbereich, Oberschenkeln, Gesäß und Fußmuskeln habe ich noch viele sensorische Amnesien und ja ich spüre sie heute gut. Vor allem die Fußmuskulatur habe ich nachts ordentlich gespürt und wurde sogar wach von dem Muskelkater.

Regulation des Selbst

Nach dieser Erfahrung war ich tiefen entspannt. Glücksgefühle ohne Ende und völlige Klarheit im Geist breitet sich in mir aus. Ich war die ganze Zeit komplett im Hier und Jetzt. Hörte die Tiere des Waldes, nahm die Temperaturunterschiede wahr und alles, was vor mir war. Meine Gedanken waren leer, denn ich musste mich komplett auf meinen Körper konzentrieren – welche Wohltat.

Selbst meine Hündin passte sich an meine Dynamik an und es schien, als ob wir in eine Art Symbiose fallen würden beim Gehen.

Die Regulation des Körpers, die Bewusstwerdung von mir selbst geht in der Natur viel schneller und ist auch effektiver. Es liegt an uns dies auch zu nützen und gezielt für unsere Reflektionsprozesse einzusetzen.

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